Editorial
Während die letzte Ausgabe der AStA-Zeitung den Blick auf utopische Zukünfte wagte, blicken wir in dieser Ausgabe auf ein vergangenes Ereignis zurück, das sich zum 80. Mal jährt und doch so viel mit der Gegenwart zu tun hat: Am 27. Januar 1945 wurde der Lagerkomplex Auschwitz von der Roten Armee befreit. Darunter war neben dem Mordlager Auschwitz-Birkenau auch das KZ Auschwitz III Monowitz, das von der I.G. Farben als firmeneigenes Konzentrationslager betrieben wurde – eine Entscheidung, die im derzeitigen Hauptgebäude der Frankfurter Universität, der damaligen I.G.-Farben-Zentrale, gefällt wurde.
Gegenwärtig und zukünftig bleibt Adornos Forderung gültig, wonach »unser Denken und Handeln so einzurichten« sei, »dass Auschwitz sich nicht wiederhole, nicht ähnliches geschehe« (Adorno: Negative Dialektik).
Derzeit bestimmt der allgemein bekanntere Ausruf »Nie Wieder!« oder »Nie Wieder ist jetzt!« zwar oft den Diskurs, wenn der aufkeimende Rechtsruck thematisiert wird. Doch was genau sagt dieses »Nie Wieder« aus? Die vermeintliche »Stunde Null« der BRD-Gründung ist nicht mehr als eine Legende – viele, die Verfolgung und Konzentrationslager überlebt hatten oder aus der Emigration zurückkehrten, mussten in den folgenden Jahren erkennen, dass ihre einstigen Peiniger weiterhin an zentralen Hebeln der Macht der jungen BRD saßen. Eine Entnazifizierung fand nie statt.
Sicherlich wiederholt sich Geschichte nicht. Es ist nicht »5 vor 33«, sondern 2025.
Doch heute normalisieren sich extrem rechte Parteien, autoritäre Einstellungen und Ideologien der Ungleichwertigkeit. Weltweit regieren faschistoide Kräfte, erringen Mehrheiten in demokratischen Wahlen. Die autoritäre Kontinuität findet neuen Nährboden. Rassismus, Misogynie und Antisemitismus haben Konjunktur.
Parteien, die noch Anfang 2024 nach der Veröffentlichung der Correctiv-Recherche über Deportationspläne an Wohlfühl-Großdemonstrationen gegen Rechts teilgenommen haben, sind nun mehr denn je Teil der autoritären Formierung. Sie schließen Grenzen, schieben ab, befeuern rassistische Rhetorik und höhlen das Asylrecht aus. Die Partei, gegen die sich die Proteste vielfach richteten, erfreut sich nun bester Wahlumfragewerte und was damals noch als skandalöse »Enthüllung« galt, steht nun nonchalant im offiziellen Wahlprogramm. Zuletzt wurde auf ihrem Parteitag Anfang Januar offen »Remigration« gesprochen, während Gegendemonstrant*innen von der Polizei geschlagen und mit Hunden attackiert wurden. Unser erster Artikel dieser Ausgabe geht darauf ein.
Und auch in den europäischen Nachbarländern sieht es nicht besser aus. In den meisten von ihnen sind rechtspopulistische und extreme Parteien entweder bereits an der Macht oder im Aufstieg. In den USA hat erst kürzlich ein Rechtspopulist seine zweite Amtszeit angetreten – mit einem bejubelten Hitlergruß auf offener Bühne.
Vor diesem Hintergrund könnte das Thema diese Ausgabe nicht aktueller sein. Wir haben euch gefragt, welche Entwicklungen ihr beobachtet und was wir tun müssen, um das Versprechen, dass sich Auschwitz nicht nochmal wiederhole, aktiv einzuhalten.
In der Ausgabe warten sowohl spannende theoretische Beiträge zur Faschisierung, als auch konkretere Einblicke in den Umgang von Bildsungsinstitutionen mit dem Nationalsozialismus und rechten Akteuren auf euch. Außerdem gibt es zwei kreative Texte zum Ausgabenthema und mehrere Rezensionen.
Somit ist die aktuelle Ausgabe der AStA-Zeitung nicht nur eine gute Möglichkeit, um sich (weiter) zu informieren, sondern auch eine Erinnerung daran, warum jetzt nicht aufgegeben werden darf und weiter gegen den Faschismus gekämpft werden muss.
Lest und diskutiert die Texte der Ausgabe, informiert und organisiert euch!
Eure Redaktion