leben statt Leerstand
Frankfurt steht leer?! Die Zahlen sind wahlweise alarmierend bis uneindeutig: mehr als 1 Millionen Quadratmeter Büroleerstand, damit liegt Frankfurt bundesweit an der Spitze. Der Mikrozensus, der im Juni veröffentlich wurde, zählt fast 13 Tausend leerstehende Wohnungen in der Stadt. Aber: eine Meldepflicht von Leerstand für Eigentümer*innen gibt es in Hessen nicht. Die Zahl könnte also sogar noch höher liegen. Die Ausmaße des Luxusleerstands? Dazu werden überhaupt keine spezifischen Zahlen erhoben.
Quoten hin, Zahlen her: Wir alle begegnen dem Leerstand täglich. Ob ein Wohnhaus, durch das der Wind pfeift, ein Luxusneubau, in dem abends nur die Hälfte der Lichter brennen, oder ein Geschäft, in dem seit Jahren nichts passiert – an einem leerstehenden Gebäude vorbeizulaufen ist Alltag in dieser Stadt. Und selbst wenn der Leerstand im Verborgenen bleibt und zahlenmäßig nicht exakt erfasst wird, so sind seine Konsequenzen in der gesamten Stadt spürbar.
Leerstand ist kein Zufall. Sondern eine Strategie der Immobilienwirtschaft. Diese Strategie ist Teil einer spekulativen Logik, die Profite vor Menschen stellt und Entmietung und Verfall von Häusern wirtschaftlich attraktiver macht als ihre sinnvolle Nutzung. Leerstehende Gebäude warten dann oft jahrelang auf Umnutzung, Abriss oder Neubau.
Leerstand ist sinnlos. Nicht für die Investor*innen, die auf höhere Profite spekulieren, jedoch für die Bewohner*innen dieser Stadt. Denn leerstehende Räume sind immer ungenutzte Wohn-, Kultur- und Gewerberäume. Dabei sind gerade diese Räume Mangelware in Frankfurt.
Leerstand ist existenzbedrohend. Weil es so viele Menschen gibt, die auf der Straße oder in Notunterkünften leben müssen. Weil so viele Menschen aus ihren Wohnungen verdrängt, zwangsgeräumt und zum Umzug gezwungen werden. Und weil so viele Menschen keinen lebenswerten Wohnraum finden oder Räume, in denen sie sich ohne Konsumzwang aufhalten können.
Leerstand ist unökologisch. Der Zyklus von Leerstand, Verfall, Abriss und Neubau, den viele Häuser durchlaufen, bedeutet eine massive Verschwendung von Ressourcen. Nicht nur wird die im Haus bereits gebundene graue Energie nicht mehr sinnvoll und nachhaltig verwendet, sie wird sogar dem Verfall überlassen, um schließlich durch den Aufwand weiterer Energie das Bestandsgebäude abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen. Diesen verschwenderischen Umgang mit Ressourcen können wir uns angesichts der Klimakrise nicht leisten.
Leerstand erzeugt Widerstand. Die Dondorf-Druckerei, das Queere Kino auf der Berger Straße und das Hausprojekt Gündi West, um nur einige der Hausbesetzungen der letzten Jahre zu nennen, zeigen, was möglich ist, wenn leerstehende Räume angeeignet werden. Hier wird Leerstand sinnvoll, kreativ und unkommerziell genutzt: zum Wohnen, für Begegnung und kulturelle Angebote.
Leerstand betrifft (fast) alle. Jeder Raum, der ungenutzt bleibt, ist ein weiterer Angriff auf alle, die vom Reichtum ausgeschlossen werden. Deswegen müssen wir etwas gegen Leerstand tun. Ihn aufdecken, indem wir über ihn diskutieren, ihn problematisieren, ihn sichtbar machen, ihn markieren, ihn aneignen und ihn zukünftig verhindern, um Stadt anders machen zu können. Ziel einer solidarischen Stadt muss sein: Investor*innen verdrängen, nicht Bewohner*innen.
Wir wollen leben statt Leerstand! Das bedeutet für uns, wir wollen eine Stadt, in der es menschenwürdigen und bezahlbaren Wohnraum für alle gibt und in der nicht-kommerzielle Freiräume und soziale Zentren gefördert werden. Wir wollen eine Stadt, an deren Gestaltung alle ihre Bewohner*innen teilhaben können, auch wenn sie nicht reich sind. Wir wollen eine Stadt der Solidarität statt des Wettkampfs. Lasst uns Leerstand nicht weiter hinnehmen!
Wer sind wir?
leben statt Leerstand ist eine Mitmachkampagne im Raum Frankfurt, die Leerstand in all seinen Formen als Problem adressiert: ob Luxus-Leerstand, »klassischer« Leerstand von einzelnen (Altbau-)Häusern oder Büro- und Gewerbeleerstand.
Wir sind eine Gruppe von stadtpolitisch Aktiven unterschiedlichen Alters und unterschiedlichen Hintergrundes, die sich seit längerem mit Leerstand auseinandersetzen. Wir wohnen, leben, arbeiten, studieren in Frankfurt und haben den Wahnsinn des Frankfurter Wohnungs- und Immobilienmarktes satt. Mit den Entwicklungen der letzten Jahre ist die Aktualität der Thematik Leerstand wieder sehr deutlich geworden: Angefangen vom neuen Zyklus der Hausbesetzungen in Frankfurt seit Dezember 2022 mit der Günderrodestraße über realpolitische Debatten zum Gesetz gegen Wohnraumzweckentfremdung im hessischen Koalitionsvertrag 2024 bis hin zu sich häufenden Presseberichten über die Problematik des Leerstands in Frankfurt.
Mitmachkampagne heißt: Jede*r kann und soll mitmachen, denn um den Leerstand in dieser Stadt abzuschaffen, brauchen wir so viele Mitstreiter*innen wie möglich! Dabei sind verschiedenste Ideen und Aktionen gefragt, der Kreativität keine Grenzen gesetzt! Das heißt auch du – egal ob du Teil einer politischen Gruppe, eines Vereins, einer Nachbarschaftsinitiative bist oder als Einzelperson mitgestalten möchtest! Es gilt: Im Prozess selbstbestimmter Stadtgestaltung brauchen wir uns gegenseitig: Unsere vielfältigen Ideen, Kontakte und Erfahrungen, unsere Kreativität und Kraft, unsere Solidarität.
Mach mit bei der Kampagne leben statt Leerstand!
Webseite: www.lebenstattleerstand.de
Instagram: @lebenstattleerstand